Montag, 13. Februar 2012

Freier Tag

Memo an mich: nicht um 15 Uhr in die Neuköllner Stadtteilbibliothek gehen.

Es fängt ganz harmlos an, Ruhe, Frieden, Bücher und ich. Dann ist anscheinend irgendwo Schulschluß, und die Neuköllner Jugendlichen haben offensichtlich noch nichts davon gehört, dass sie chipsfressend, computerspielend und elternvernachlässigt vor irgendeinem Fernseher sitzen oder Kleinkriminalität üben sollen. Nein, sie kommen alle -ALLE!- in die Stadtbibliothek. Ein buntes Gemenge entsteht, an den Tischen wird gelernt, Mädchen und Jungen verhalten sich frisch paarungsreif, es wird wie bekloppt duch die Gegend gerannt. Fusseliger Bartwuchs und breitbeiniges Laufen auf der einen Seite, stark geschminkte Katzenaugen und sehr enge Jeans auf der anderen, und dazwischen Bücher, Bücher, Bücher. Über allem liegt ein merkwürdiges Sausen und Brummeln, ein stetes Hintergrundrauschen. Stimmen? Vielleicht. Aber auch Hormone, da kann man sicher sein.

Die Schlange an der Ausleihe explodiert. Eh schon lang, trifft sie auf einen Absturz des Comutersystems, und die Stunde der Ober-Bibliothekarin ist gekommen. Bisher eher mahnend ("Junger Mann, Tasche einschließen! Nein, wirklich!"), aber realistisch (nicht EIN Versuch, den Geräuschepegel zu dämpfen) tätig, zischt sie durch die Gegend, schreit Anordnungen durch den großen Raum und jubelt ekstatisch, als alles wieder geht. Die dreißig Personen in der Schlange nehmen es gelassen, Hauptsache, das andere Geschlecht guckt mal rüber.

Nächstes Mal gehe ich früher hin, aber das hatte definitiv seinen Charme. Ich wette, Sarrazin war nie in der Stadtteilbibliothek Neukölln gewesen.

Über mich und diesen Blog

Ich bin weiblich, 31 Jahre alt, Soziologin und arbeite seit kurzem im Bundestag als Referentin für die Fraktion einer großen Oppositionspartei. Über die Erlebnisse im Politikbetrieb möchte ich hier gerne berichten, da ich da absolut neu bin und es sehr interessant finde, die Strukturen und die Inszenierung von Macht live zu erleben. (Yeah, Soziologendeutsch!) Namen aus "meiner" Fraktion werde ich nicht nennen, auch wenn vielleicht ab und zu nachvollziehbar ist, um wen es geht. Ich arbeite im Gleichstellungsbereich, also wird es hier überdurchschnittlich oft Beiträge geben, die etwas mit Geschlechterverhältnissen zu tun haben. Da ich außerdem neu in Berlin bin, ist das Berlinerische an sich berichtenswert für mich. Privates versuche ich mal außen vor zu lassen, was vielleicht wegen meines Hanges zum Tratsch nicht immer klappen wird... Meine Vita in kurz: nach dem Aufwachsen auf dem ländlichsten aller Landstriche nutzte ich die Gelegenheit, die das Abitur bot, und verzog mich nach einem einjährigen Werbepraktikum zum Studieren der Soziologie nach Bremen. Das war super, vor allem die Zeit im Studentenwohnheim und meine Arbeit in der Kundenbetreuung eines Mobilfunkanbieters gehören zu meinen schönsten Erinnerungen. Ein Jahr arbeitete ich danach als Assistentin der Geschäftsführung in einem feministischen freien Träger, bis mir die Feministinnen zu arg wurden und ich der Liebe und der Familie und des Berufes wegen nach Hamburg ging. Meine erste Referentinnenstelle fand in einer Hamburger Behörde statt, befristet. So tat es kein Wunder, dass die Wirtschaftskrise und die Hamburger Neuwahlen-Krise mich in meine persönliche Arbeitslosigkeits-Krise stürzten. Es folgten einige Monate ALG1 und dann das Angebot aus Berlin - halbe Stelle, supi bezahlt. Ich zog um. Das hat viel Pendeln wegen Wochenendbeziehung zur Folge, aber auch die Tatsache, dass ich das erste Mal in meinem Leben ganz alleine wohne. Die WG-Zeit ist vorbei. Es ist also alles spannend, und daher dieser Blog. Viel Spaß.

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