Ich stand am Berliner Hauptbahnhof, den großen Rücksack auf dem Rücken, ein schönes Wochenende, ein letztes Durchknuddeln und eine Fahrt im ICE hinter mir, bibbernd auf den Bus wartend, M41 Richtung Sonnenallee. Ich wartete auf den letzten Fahrtabschnitt zu meiner muggeligen 1,5-Zimmer-Wohnung, meinem Sofa und dem aktuellen Terry-Pratchett-Buch. Vielleicht würde ich mir am Kottbusser Damm noch eine Pizza besorgen...Dummdidumm.
Bei der Einfahrt in den Hauptbahnhof zehn Minuten zuvor sah ich meinen Arbeitsplatz, einige andere repräsentative Gebäude, die Spree und die vielen schmucklosen Altbauten im Sonnenuntergang.
Ich so: "Hallo Berlin."
Berlin so: "Hallo sarathepara".
Boah. Cool.
sakra - 3. Feb, 14:50
In Berlin leben viele Hipster. In Berlin leben viele Obdachlose, Bedürftige, arme Menschen, wie auch immer man sie bezeichnen möchte. Verwirrend ist: Optisch sind diese kaum zu unterscheiden.
Das soll keine Polemik sein, ich habe weder gegen die eine noch die andere Gruppe etwas, solange sie mir in der S-Bahn nichts auf ihren Trompeten vorspielt und dafür Geld verlangt. Beide Gruppen gehören zu unserer Gesellschaft, beide machen sie vielfältiger, beide sind in Berlin einfach haufenweise unterwegs.
Aber die sonstigen Parallelen sind beeindruckend. Auffällig: die Hipster nähern sich den Clochards an, nicht umgekehrt. Ich habe da mal eine Liste gemacht.
- Waldschratoptik bei den Männern. Seit einiger Zeit sind lange Haare, zum Dutt hochgetüdelt, und recht üppiger Vollbart, bei den jungen Hipstern hochmodisch.
- Heilsarmee-Klamotten. Ich weiß nicht warum, aber Hipster sind in Berlin oft derbe schlecht angezogen. Das funktioniert in Streetstyle-Fotoblogs vielleicht und kommt einigermaßen lässig rüber, aber in der U-Bahn sieht es einfach so aus, als hätten sie den nächsten Altkleiderkontainer geleert.
- Musik machen in der U-Bahn. Es häufen sich die jungen Singer/Songwriter, die im ÖPNV ihre neuesten Stücke vortragen und danach frohsinnig den Beutel herumgeben. Pah.
Das alles summiert sich fröhlich, so dass ich nicht mehr weiß, wer nun wer ist. Ich finde das insofern positiv, als dass ich jungen männlichen Obdachlosen aktuell ganz offen entgegentrete und nicht nur wegsehend Geld hinwerfe oder mit aktivierten Scheuklappen an ihnen vorbeilaufe. Man weiß ja nie, vielleicht ist es ein Hipster! Das ergänzt sich wahrscheinlich aufs Schönste mit Theorien über das moderne Prekariat der Kreativ-Szene, zu der sich die Hipster offenkundig zählen. Hier verwischen die Grenzen, die Optik wird den Karrierechancen angepasst.
Ach, Berlin!
sakra - 1. Feb, 14:31