Mittwoch, 11. April 2012

Schwierigkeiten einer Emanze

Osterbesuch in Bayern bei den Schwiegereltern in spe. Da geht das frauenbewegte Problem schon los: wie soll man diese Menschen nennen, wenn eine Hochzeit mal so gar nicht in Sicht ist? Weil der potentielle Göttergatte postuliert: "Wenn du deinen Namen behalten willst, musst du mir den Antrag machen - wenn schon emanzipiert, dann aber konsequent!". Das verweigere ich. Der einzig wahre Grund für einen Antrag ist Romantik, und die ist bei mir nicht so derbe ausgeprägt. Passiv bin ich romantischer als aktiv - also wenn schon Romantik, dann bitte von ihm! Man sieht, eine Hochzeit ist nicht in Sicht.

Die Eltern meines Lebensgefährten, kurz meine EltLebs (oh nee, das geht auch nicht), reagieren irritiert auf bestimmte Dinge in meinem Lebenslauf, obwohl sie die wirklich interessanten Dinge gar nicht wissen. ("Wirklich, deine Eltern haben dich mit Autos spielen lassen? Die meisten Mädchen WOLLEN das doch gar nicht.") Dabei sind die Voraussetzungen eigentlich prima: beide studiert, nicht in Bayern aufgewachsen. Nach der Geburt der Kinder warf meine SchwiMu in spe ihren Beruf hin und widmete sich der Aufzucht der Brut, ein Modell, das sie so aktuell nicht voll unterstützt. Die Nachteile sind ihr durchaus bewusst.
Obwohl meine Mutter ähnlich handelte, ist mein Hintergrund anders: Wenn der Vater aktiv in der APO war und die Mutter einem die EMMA-Hefte zum Spielen hinlegte, ganz zu schweigen von dieser Sache mit den Spielzeugautos, und man dann noch Geschlechterforschung als Schwerpunkt im Soziologie-Studium wählt, dann treten Differenzen zu Tage.

Das fällt mir immer dann auf, wenn ich meinen Kosmos verlasse. Schwierigkeiten ergeben sich automatisch bei eher technisch als kulturell/politisch interessierten Menschen, aktiven Müttern ("Warte erstmal ab, auch bei dir werden die Hormone machen, dass du nie wieder arbeiten/dein Kind nie fremdbetreuen lassen / den Vater nie windeln wechseln lassen/ dein Nestbautrieb überhand nehmen wird"), in Bayern oder überhaupt außerhalb des politischen Betriebes. Dann bekomme ich einen belehrenden Duktus, fühle mich sehr im Recht und bin wahrscheinlich genauso doof wie der Gegenüber, der mir seine Wahrheiten über Frauen, die Geisteswissenschaften studieren, erklärt.

Also bleibe ich so gut wie möglich in meiner kleinen Welt, das ist einfacher und ich muss nicht so oft mit den Augen rollen. Das ist im Kleinen analog zur Problematik der Gleichstellungspolitik: sie bleibt unter sich. Das ist kein Thema für die breite Masse, das ist anrüchig und realitätsfremd. Sagt sogar Christina Schröder in ihrem neuen Buch, und die Frau ist Frauenministerin.

Der Tag, an dem Gleichstellung mit Humor und Augenzwinkern als allgemeine gesellschaftliche Aufgabe stattfindet, wird ein großer Tag für Deutschland sein. Aber da muss ich bei mir selber anfangen.

Über mich und diesen Blog

Ich bin weiblich, 31 Jahre alt, Soziologin und arbeite seit kurzem im Bundestag als Referentin für die Fraktion einer großen Oppositionspartei. Über die Erlebnisse im Politikbetrieb möchte ich hier gerne berichten, da ich da absolut neu bin und es sehr interessant finde, die Strukturen und die Inszenierung von Macht live zu erleben. (Yeah, Soziologendeutsch!) Namen aus "meiner" Fraktion werde ich nicht nennen, auch wenn vielleicht ab und zu nachvollziehbar ist, um wen es geht. Ich arbeite im Gleichstellungsbereich, also wird es hier überdurchschnittlich oft Beiträge geben, die etwas mit Geschlechterverhältnissen zu tun haben. Da ich außerdem neu in Berlin bin, ist das Berlinerische an sich berichtenswert für mich. Privates versuche ich mal außen vor zu lassen, was vielleicht wegen meines Hanges zum Tratsch nicht immer klappen wird... Meine Vita in kurz: nach dem Aufwachsen auf dem ländlichsten aller Landstriche nutzte ich die Gelegenheit, die das Abitur bot, und verzog mich nach einem einjährigen Werbepraktikum zum Studieren der Soziologie nach Bremen. Das war super, vor allem die Zeit im Studentenwohnheim und meine Arbeit in der Kundenbetreuung eines Mobilfunkanbieters gehören zu meinen schönsten Erinnerungen. Ein Jahr arbeitete ich danach als Assistentin der Geschäftsführung in einem feministischen freien Träger, bis mir die Feministinnen zu arg wurden und ich der Liebe und der Familie und des Berufes wegen nach Hamburg ging. Meine erste Referentinnenstelle fand in einer Hamburger Behörde statt, befristet. So tat es kein Wunder, dass die Wirtschaftskrise und die Hamburger Neuwahlen-Krise mich in meine persönliche Arbeitslosigkeits-Krise stürzten. Es folgten einige Monate ALG1 und dann das Angebot aus Berlin - halbe Stelle, supi bezahlt. Ich zog um. Das hat viel Pendeln wegen Wochenendbeziehung zur Folge, aber auch die Tatsache, dass ich das erste Mal in meinem Leben ganz alleine wohne. Die WG-Zeit ist vorbei. Es ist also alles spannend, und daher dieser Blog. Viel Spaß.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Definiere mal
belastbare Studie. Hast du mal versucht eine ransomisierte...
Anaqime - 6. Feb, 10:15
Back to the roots
Ab sofort geht es wieder hier weiter: https://sarathepara .twoday.net Ich...
sakra - 20. Okt, 12:24
Achtung Falle!
Chefin hat Geburtstag, ich recherchiere für ein Geschenk....
sakra - 25. Sep, 13:47
Zur Abwechslung mal kleine...
Das Wochenende und der heutige Wochenbeginn waren von...
sakra - 24. Sep, 16:34
Noch mehr große Dinge
Nachdem sich seit einigen Monaten eh schon große Dinge...
sakra - 13. Sep, 15:19

Suche

 

Status

Online seit 4943 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 6. Feb, 10:15

Credits


Akademisches
Fahrerei
Im Bundestag
Kulturelles
Politik Berlin
Privat
Web
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren