Samstag, 22. Oktober 2011

Nur dabei statt mittendrin

Der Weg zur Fraktionssitzung war ja schon aufregend, die Fraktionssitzung an sich aber auch interessant. Zunächst einmal ist der Fraktionssaal riesig – etwa 200 Quadratmeter. 144 Abgeordnete, davon 2/3 Männer, und ihre Egos brauchen Platz. Ich hatte Zeit, die Wandpaneele zu zählen, zu schätzen und zu rechnen und mich nebenbei etwas wegen meiner Turnschuhe zu winden. Mit Klettverschlüssen! Hammercool, aber ich fiel etwas aus dem Rahmen.

Der Ablauf ist ungefähr so: der Fraktionsvorstand sitzt vorne, frontal zum gemeinen Abgeordnetenpack. Große, große Namen, einige habe ich bereits persönlich kennengelernt, andere kenne ich aus der Presse, einige sagen mir mal so gar nix. Aber auch total groß, das sieht man an den Namensschildern.
Der Parlamentarische Geschäftsführer spricht (den kannte ich bis dahin nur als den Mann, zu dem ich Kostenanträge für Veranstaltungen schicken muss, aber siehe - der scheint auch sonst wichtig zu sein), dann spricht der Fraktionsvorsitzende, dann wollen die Abgeordneten selber auch was sagen – relativ unspektakulär. Interessant aber alles, was drum herum passiert: Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, es wird gegessen, die Abgeordneten treffen sich in kleinen Grüppchen an Tischen von besonders beliebten Abgeordneten, es wird getuschelt und Absprachen getroffen. Auch das Parteioberhaupt verlässt ab und an seinen Platz, um jemanden an den Rand zu zerren und zu fraternisieren. Ganz offensichtlich ist eine Fraktionssitzung eine Gelegenheit, alle mal auf einen Haufen zu haben. Die Redebeiträge vorne stören bei dem offensichtlich wichtigen Geschehen im Saal kaum – muss halt sein, ne.

Sogar mein Personalmensch lief herum und fing alle ab, mit denen er noch sprechen musste, inklusive mich wegen des Termins zum Mittagessen. Die Stimmung: eher große Pause als ernsthafte Arbeit.

Ach ja, es ging um den Euro-Rettungsschirm. Das Ergebnis ist bekannt.

Über mich und diesen Blog

Ich bin weiblich, 31 Jahre alt, Soziologin und arbeite seit kurzem im Bundestag als Referentin für die Fraktion einer großen Oppositionspartei. Über die Erlebnisse im Politikbetrieb möchte ich hier gerne berichten, da ich da absolut neu bin und es sehr interessant finde, die Strukturen und die Inszenierung von Macht live zu erleben. (Yeah, Soziologendeutsch!) Namen aus "meiner" Fraktion werde ich nicht nennen, auch wenn vielleicht ab und zu nachvollziehbar ist, um wen es geht. Ich arbeite im Gleichstellungsbereich, also wird es hier überdurchschnittlich oft Beiträge geben, die etwas mit Geschlechterverhältnissen zu tun haben. Da ich außerdem neu in Berlin bin, ist das Berlinerische an sich berichtenswert für mich. Privates versuche ich mal außen vor zu lassen, was vielleicht wegen meines Hanges zum Tratsch nicht immer klappen wird... Meine Vita in kurz: nach dem Aufwachsen auf dem ländlichsten aller Landstriche nutzte ich die Gelegenheit, die das Abitur bot, und verzog mich nach einem einjährigen Werbepraktikum zum Studieren der Soziologie nach Bremen. Das war super, vor allem die Zeit im Studentenwohnheim und meine Arbeit in der Kundenbetreuung eines Mobilfunkanbieters gehören zu meinen schönsten Erinnerungen. Ein Jahr arbeitete ich danach als Assistentin der Geschäftsführung in einem feministischen freien Träger, bis mir die Feministinnen zu arg wurden und ich der Liebe und der Familie und des Berufes wegen nach Hamburg ging. Meine erste Referentinnenstelle fand in einer Hamburger Behörde statt, befristet. So tat es kein Wunder, dass die Wirtschaftskrise und die Hamburger Neuwahlen-Krise mich in meine persönliche Arbeitslosigkeits-Krise stürzten. Es folgten einige Monate ALG1 und dann das Angebot aus Berlin - halbe Stelle, supi bezahlt. Ich zog um. Das hat viel Pendeln wegen Wochenendbeziehung zur Folge, aber auch die Tatsache, dass ich das erste Mal in meinem Leben ganz alleine wohne. Die WG-Zeit ist vorbei. Es ist also alles spannend, und daher dieser Blog. Viel Spaß.

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